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Schicksal

 

Gibt es eine Bestimmung, die unser Leben in allen Einzelheiten unabänderlich festlegt, oder sind wir frei, es so zu gestalten, wie wir es wollen? Diese Frage beschäftigt mehr oder weniger uns alle, und unsere Antwort darauf entspricht jeweils unserer geistigen Verfassung, die entweder materiell, praktisch und „irdisch“ oder geistig, spirituell und transzendent ausgerichtet sein kann.

So können wir einerseits die Meinung vertreten, dass wir für uns selbst verantwortlich seien und es von unserem Willen und unseren Fähigkeiten abhänge, wie sich unser Leben gestaltet. So gesehen hängt es vor allem von uns ab, ob es uns gut oder schlecht geht.

Andererseits aber können wir in unserer Existenz auch das Wirken einer höheren Intelligenz oder göttlichen Ordnung sehen. Bei dieser Sichtweise empfinden wir uns selbst als Teil eines großen, sinnerfüllten Ganzen, in dem alles, natürlich auch unsere eigene Existenz, untrennbar miteinander verflochten und unabänderlich vorbestimmt ist. Dann sind auch unsere Lebensprobleme und unser „Unglück“ keine sinnlosen Entgleisungen, die wir immer bekämpfen und korrigieren müssen, sondern Ausdruck eines höheren („göttlichen“) und sinnvollen Konzeptes und eine Chance zu Bewusstseinserweiterung und menschlichem Fortschritt.

So unterschiedlich diese Lebenshaltungen sind, beziehen sie sich letztlich doch auf dasselbe Phänomen, nämlich die Tatsache, dass alles, was uns und mit uns geschieht, seinen Ursprung außerhalb unserer selbst hat. Nicht nur hatten wir keinerlei Einfluss auf unsere Geburt, noch können wir etwas an der Tatsache ändern, dass wir eines Tages sterben müssen. So bleibt uns nichts anderes übrig, ob es uns gefällt oder nicht, dieses uns gegebene Leben bereitwillig zu leben.

Auch unsere Gedanken, Gefühle und Erkenntnisse machen wir nicht selbst, sondern sie „kommen“ spontan zu uns aus einem unbewussten Bereich unseres Seins. Als Geschöpfe können wir immer nur auf das reagieren, was uns gegeben wird, nicht aber unser Schicksal willentlich „machen“. Niemand bestreitet, dass wir „nur“ Geschöpfe und nicht Schöpfer unserer selbst sind. Offensichtlich gibt es eine höhere Macht oder Intelligenz, die der Ursprung unserer Existenz ist und unser Leben beeinflusst - egal, ob wir sie als blinden Zufall oder weises Schicksal bezeichnen.

Die Frage ist lediglich, welche Haltung wir dazu einnehmen sollen - vor allem, wenn widrige Lebensumstände eintreten. Ablehnung und Verweigerung helfen uns da nicht weiter, sondern machen alles nur noch schlimmer. Dagegen erzeugt die Bereitschaft, der Lebensrealität, wie gut oder schlimm sie auch immer sei, einen Sinn zuzugestehen und sie zu akzeptieren, ein positives Lebensgefühl, das von Hoffnung und dem Gefühl einer gewissen Geborgenheit bestimmt ist. Dem entspricht auch die Quintessenz aller Gebete. Es lautet „Dein Wille geschehe!“

Wem es in schwerer Zeit gelingt, sein Urvertrauen zu bewahren oder wieder zu finden, wird nicht an seinen Lebenskrisen, Katastrophen und Krankheiten zerbrechen, sondern aus ihnen seelisch und menschlich gestärkt hervorgehen und etwas mehr vom Geheimnis der menschlichen Existenz verstehen.

Thema von Floriplex Nr.16

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