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Stolz

Der stolze, weiße Schwan – wie er so still und in sich selbst ruhend, einer Erscheinung aus einem Märchen gleich, übers Wasser gleitet. Weiß er, wie schön und majestätisch er ist? Sonnt er sich in der Bewunderung derer, die ihn begeistert betrachten? Brüstet er sich mit seiner Schönheit? Zum Glück nicht, denn er würde sofort auf das Niveau eines eitlen Angebers herabsinken, den man verlacht und nicht ernst nimmt.

So hat der Stolz zwei Gesichter: das eine ist echt und unbewusst und wird daher bewundert, das andere ist bewusst und gespielt und wird abgelehnt.

Jetzt eine persönliche Frage: bist du stolz? Worauf? Auf deine Herkunft, deine Schönheit, deine Intelligenz, deine Leistungen, dein Geld oder deine Stärke? Und falls ja, ist dir klar, warum?

Weil es dir gefällt, wenn man dich bewundert und dir damit zeigt, wie sehr du den anderen überlegen bist? Oder weil du (was du dir vielleicht nicht eingestehst) überspielen willst, dass du dich ihnen in Wirklichkeit irgendwie unterlegen fühlst, weil du meinst, nicht so vornehm, so schön, so intelligent, so begabt, so reich oder so stark zu sein? Oder bist du stolz auf andere Menschen, zum Beispiel deine Kinder, deine Freunde, deinen „Helden“ oder deinen Verein und dein Vaterland? Zwar bewunderst du sie, bist aber eigentlich auf dich selbst stolz, weil diejenigen, die du bewunderst, ja zu dir gehören oder weil von ihrem Glanz auch etwas auf dich abfällt. Durch ihren Wert erhöhen sie auch deinen.

Oder bist du gar nicht richtig stolz, sondern lediglich so sehr mit dir und deinen Leistungen oder Eigenschaften zufrieden, dass man den Eindruck hat, du seist stolz, obwohl du dich gar nicht mit anderen vergleichst?

Was ist denn eigentlich Stolz? Man sagt, er sei eine Art fehlgeleitetes bzw. übertriebenes Selbstwertgefühl. Er bedeutet, dass ich mich anderen überlegen fühle und behaupte, das, worauf ich mir etwas einbilde, sei mein eigenes Verdienst. Oder dass ich nur so tue. Sagt man deshalb Dummheit und Stolz wachsen auf einem Holz? Denn eigentlich sollte uns klar sein, dass alles, was wir sind und was wir können, nicht wirklich „auf unserem Mist gewachsen“ ist, sondern uns vom Schicksal (oder Gott oder dem „Zufall“) geschenkt wurde und wird. Wir haben uns ja nicht selbst erschaffen und unser ganzes Handeln entspringt letztlich seinem Einfluss. Woher nehmen wir daher das Recht, uns etwas darauf einzubilden und uns bewusst über andere zu erheben?

Stolz kann allerdings auch eine instinktive, nur wenig bewusste Überlebensstrategie sein, da wir in einer Welt leben, in der Lebensraum und Ressourcen begrenzt sind, so dass wir Stärke zeigen und uns gegenüber den anderen behaupten müssen. Allerdings können wir uns dadurch leicht Feinde machen, die vom hohen Podest herunterholen. Deshalb heißt es auch: Hochmut kommt vor dem Fall. Andererseits ist es nicht ratsam, jemanden in seinem Stolz in Frage zu stellen. Denn entweder wird man dann selbst angegriffen, weil das sozusagen eine Majestätsbeleidigung ist, oder man verletzt (ungewollt?) den stolzen Menschen tief, weil hinter seiner stolzen Fassade meist nur eine persönliche Schwäche steckt.

Und noch eine persönliche Frage an uns alle: was willst du lieber: bewundert oder geliebt werden? Wenn du dich bewundern lässt, lieben dich die Menschen dafür, dass du ihren Wünschen und Vorstellungen entsprichst und weil du ihnen ein Gefühl gibst, irgendwie - zum Beispiel als Fan - zu dir zu gehören und an deinem Wert teilzuhaben. Aber sie werden dich sogleich fallen lassen, wenn du ihre Erwartungen nicht mehr erfüllst. Ist das die Liebe, die du suchst und brauchst?

Liebe bedeutet ja lebendige Gemeinsamkeit und Gegenseitigkeit, oder einfach gesagt: dass man liebt und geliebt wird. Deine Bewunderer können dich nicht wirklich lieben, weil sie dich nicht kennen und weil auch du sie nicht wirklich liebst, sondern dich nur geschmeichelt fühlst. Das ist zwar ein angenehmes Gefühl, weil es uns zeigt, wie wertvoll wir sind, aber es ist nur oberflächlich und trägt nicht lange. Wahrscheinlich willst du lieber geliebt sein als bewundert zu werden, und eigentlich weißt du in der Tiefe deiner Seele, dass bewusster Stolz dem im Wege steht, dass er uns von den Menschen entfernt und uns lächerlich macht. Man sagt dazu ja auch „Wer angibt, hat’s nötig“.

Hast du es wirklich nötig, dich aufzublasen, hochnäsig zu sein oder andere dadurch zu demütigen, dass du ihnen zeigst, wie sehr du ihnen überlegen bist, wie viel mehr du kannst, besitzt oder weißt? Es ist sicher sinnvoll und hilfreich, sich diese Fragen stellen, denn wir alle sind anfällig dafür, auf andere herabzusehen, uns auf ihre Kosten aufzuwerten, unsere Defizite zu vertuschen und den stolzen Schwan zu spielen, obwohl wir eigentlich „hässliche Entlein“ sind. Übrigens: das „hässliche“ ist meist das sympathischere Entlein.

Wenn wir nach innen hören, können wir erkennen, dass wir es nicht wirklich nötig haben, stolz zu sein oder anzugeben. Es geht ja nicht darum, sich mit anderen zu vergleichen oder so sein zu wollen wie sie, sondern endlich man selbst zu werden mit allen Vorzügen und Fehlern. Dann werden wir von unseren Mitmenschen geliebt, weil sie unseren wirklichen Wert erkennen können und ihrerseits ermutigt werden, sich uns ebenfalls mit ihren wahren Stärken und Schwächen zu zeigen.

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Selbstvertrauen

Alles, was mit uns geschieht, soll uns ein bisschen weiser und menschlich wertvoller machen. Wie weit wir dabei kommen, hängt bis zu einem gewissen Grad von uns selbst ab: von unserer Bereitschaft, uns mit dem, was das Leben uns schickt, ehrlich und konstruktiv auseinanderzusetzen. Das ist besonders wichtig in jenen Situationen, in denen wir unglücklich oder deprimiert sind.

Die meisten deprimierten Stimmungen sind ja Reaktionen auf unerfreuliche Lebensumstände wie Misserfolge, Verluste, Krankheiten, unlösbare Probleme, schreckliche Erlebnisse. Sie sind zwar menschlich verständlich, weisen aber meist zugleich auf eine verfehlte und unrealistische Lebenseinstellung hin, die uns unsere Psyche durch das Leiden bewusst machen will. (Oft bestehen dabei aber auch gesundheitliche Probleme, z. B. bei der Melancholie durch ein Leberproblem). Von Natur aus sind wir auf Freude programmiert. Sie ist gleichbedeutend mit Leben. Menschen, die sich freuen können, leben besser und länger. Normalerweise wehren wir uns daher gegen unerfreuliche Umstände und versuchen (notfalls aggressiv), das zu bekommen, was uns Freude macht, oder abzuwehren, was uns leiden lässt. Dementsprechend kann man auch sagen, dass eine „Depression“ (= Niederdrückung von Lebensfreude) immer dann auftritt, wenn wir aufgrund körperlicher Schwäche, Angst oder lebensfremder Moral unfähig sind, in unserem Leben erfreuliche Zustände zu schaffen und die unerfreulichen Verhältnisse zu ändern.

Wenn  wir bedrückt oder niedergeschlagen sind, geht es daher nicht darum, einfach kampfhaft auf gute Laune umzuschalten, denn das würde nur zu einer Verdrängung des Problems führen. Wir müssen im Gegenteil erst einmal bewusst versuchen, zu verstehen, was uns deprimiert. Oft ändert sich dann unsere Stimmung, weil wir erkennen, dass alles gar nicht so schlimm ist, oder wir haben zumindest die Möglichkeit zu einer Änderung.

Man könnte diese Problematik aber auch so sehen: wir bekommen die deprimierenden Situationen vom Schicksal „geschickt“, damit wir nicht nur über uns nachdenken und ihre Ursache erkennen, sondern vor allem, damit wir das Glück und die Freude bewusster suchen und höher schätzen. Denn erstaunlicherweise empfinden wir meistens alles, was in unserem Leben erfreulich ist, als selbstverständlich. Wir genießen es, ohne weiter darüber nachzudenken, welch großes Glück wir haben angesichts all des Unglücks, das uns umgibt und das auch uns irgendwann treffen könnte. Würden wir uns dies immer klar machen, bekäme unsere Freude eine wesentlich tiefere und weiter tragende Bedeutung. Vielleicht würde dies sogar dazu führen, dass wir aus Dankbarkeit versuchen würden, auch anderen Menschen, denen es nicht so gut geht, eine Freude zu machen. Denn die Freude, die wir anderen machen, ist das effektivste Mittel, um selbst froh zu werden. Daher sagt ein indisches Sprichwort: Das Lächeln, das du aussendest, kehrt zu dir zurück.

So heißt es nicht nur: „Wirf ab, was dich krank macht!“, sondern auch: „Tu das, was dir Freude macht!“. Oft sind es schon kleine Freuden, die einen Spalt in den Panzer der inneren Erstarrung brechen und unsere Seele für das Licht öffnen.

Beklage dich nicht über das, was dir fehlt, sondern sei dankbar für das, was du hast. Konfuzius sagt:  Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen.

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