DR. MED. GÖTZ BLOME
Unheilbar?
Es kommt immer wieder vor, dass das Wort „unheilbar“ im Zusammenhang mit der Krankheit eines bestimmten Menschen fällt. In der Literatur und den Medien wird es eingesetzt, um einen dramatischen Effekt zu erzielen, und in der Medizin, um die Patienten zu einem bestimmten Verhalten zu zwingen bzw. als Entschuldigung für die Unfähigkeit, die Krankheit zu heilen.
Um es aber gleich vorweg zu sagen: das Wort „unheilbar“ sollte nie auf die Krankheit eines lebenden Menschen angewendet werden. Denn diese Aussage ist unwahr und schädlich.
Sie ist unwahr, weil niemand die Zukunft voraussagen kann. Solange ein Mensch am Leben ist, kann er geheilt werden. Selbst wenn die Chance 1:1000 steht, so kann es doch in seinem speziellen Fall gut ausgehen. Es gibt unzählige Beweise von unerwarteten Heilungen, die oft sogar „im letzten Augenblick“ erfolgten.
Und diese Aussage ist schädlich, weil sie ein Urteil darstellt, das dem kranken Menschen keine Chance läßt und ihm die Hoffnung auf Heilung nimmt. Damit sorgt sie selbst dafür, daß sie sich bewahrheitet. Denn es ist allgemein bekannt, daß Hoffnungslosigkeit und negative Lebenshaltungen das Immunsystem und die Heilkraft des Organismus blockieren. Eine einzige Bemerkung kann den Verlauf der Heilung entscheidend beeinflussen, je nachdem ob sie positiv oder negativ ist, ob sie Hoffnung weckt oder vernichtet.
Ärzte, die einem Patienten durch eine negative Prognose die Hoffnung auf Heilung nehmen, schlagen damit nicht nur selbst die Tür zur Heilung zu, sondern verstärken auch durch ihr leichtfertiges Urteil das psychische Leiden des kranken Menschen.
Die Meinung eines Therapeuten, daß die Krankheit seines Patienten unheilbar sei, ist auch deshalb schädlich, weil sie seine eigenen therapeutischen Bemühungen blockiert. Mit einer solch negativen Einstellung kann er nicht mehr kreativ handeln, sondern begnügt sich von vornherein mit lindernden (oft sogar schädlichen) Maßnahmen und steuert den kranken Menschen damit zudem unbewußt in die von ihm prophezeite Katastrophe.
Wir wollen hier aber ausdrücklich feststellen: Es gibt keine grundsätzlich unheilbare Krankheit (Gewebezerstörungen oder Mißbildungen natürlich ausgenommen). Dafür gibt es genügend Zeugnisse. Jede Krankheit ist im Prinzip heilbar. Wie sie gekommen ist, so kann sie auch wieder verschwinden.
Das bedeutet allerdings nicht, daß jede Krankheit auch tatsächlich geheilt wird, denn dies hängt in erster Linie von dem kranken Menschen selbst ab: von seiner psychischen und physischen Verfassung seinen Lebensumständen und auch seinem Schicksal.
Ich muß daher die Frage nach meiner Zukunft mir selbst stellen, nicht anderen. Niemand kann mir eine zuverlässige Antwort darauf geben, denn diese liegt in mir selbst. Um sie verstehen zu können, muß ich in mich hineinhören und mich ehrlich beobachten. Ich muß zu verstehen versuchen, warum ich in diesen Zustand gekommen bin und was er mir sagen will. Wenn ich ihn nicht verstehe, so bedeutet das, daß ich mich selbst nicht verstehe und daß es höchste Zeit wird, mich hierum zu bemühen. Denn meine Krankheit ist ein Teil von mir selbst, kein Fremdkörper. Sie ist das Ergebnis meines inneren und äußeren Lebens.
Sie ist aber auch mein Schicksal, in dem sich ein höherer Sinn ausdrückt und das ich auch in diesem Fall zu bejahen lernen muss.
Die Behauptung, dass eine bestimmte Krankheit unheilbar sei, gründet sich auf die Erfahrung bei mehreren ähnlichen Fällen, ist also eine statistische Aussage. Statistiken beziehen sich aber immer auf vergangene Ereignisse und sind Auswertungen von Massenphänomenen und Kollektiven. Sie können also weder zur genauen Zukunfts-Prognose verwendet werden, noch haben sie Gültigkeit für das einzelne Individuum. Denn dieses (nämlich ich und du) ist nur eines unter den vielen Pünktchen, die, in einer bestimmten Beziehung zusammengesehen, die statistische Kurve oder den statistischen Wert ergeben. Genau gesehen steht aber jedes Pünktchen für sich allein – genau wie wir Menschen, die wir jeder unser eigenes, sinnvolles Schicksal haben, das sich von jedem anderen unterscheidet.
Als kranker Mensch bin ich kein Massenfaktor, sondern ein individuelles und einmaliges Wesen, und weder eine Statistik noch irgendein Mensch kann eine wirklich zutreffende Aussage über mich und meinen Lebensweg machen. Ich als persönliches Einzelwesen habe auch dann eine 100%ige Heilungschance, wenn mir die Statistik nur 1% zubilligen würde.
Das Wort „unheilbar“ kann also nur als nachträgliche Feststellung verwendet werden, die besagt, dass dem betreffenden Menschen die Heilung nicht gelungen ist (oder: dass sie ihm nicht bestimmt war).
Unerwartete Ereignisse sind ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens. Wir nennen sie dann Wunder, wenn wir uns darüber wundern, dass es so etwas gibt. Und wir wundern uns darüber, wenn wir nur das, was wir wissen und verstehen, für wahr und wirklich halten. Dabei vergessen wir aber oft, daß einerseits unser Denken und Wissen immer durch den Rahmen unseres jeweiligen Erkenntnisbereiches begrenzt sind und daß sich dieser andererseits laufend erweitert. Jeder weiß: was wir heute für unmöglich halten (weil wir es uns nicht vorstellen können), kann morgen durchaus Wirklichkeit geworden sein. Immerhin sind wir aber, wenn wir uns wundern, bereit anzuerkennen, daß es „Dinge zwischen Himmel und Erde“ gibt, die wir (noch) nicht wissen und verstehen. Das „Wunder“ kann jederzeit geschehen!
Die Offenheit für das Wunder ist lebenswichtig für uns, denn sie ist die Tür, die uns immer offensteht – auch dann noch, wenn unser beschränkter Verstand uns sagt, dass es keinen Ausweg mehr gebe.
Grundsätzlich ist aber Heilung möglich, solange Leben besteht, denn ein lebendiger Organismus ist ununterbrochen damit beschäftigt, sich zu heilen, d. h. seine Schäden zu reparieren und sich zu regenerieren. Dies ist neben Wachstum und Entwicklung seine Hauptbeschäftigung. Leben ist selbst ununterbrochene Heilung!
Bei allen Krankheiten – auch Krebs und Aids - geschieht diese nach dem selben Prinzip: Auf eine Schädigung erfolgt eine geeignete Gegenmaßnahme, die vor allem in Entgiftung und Reparatur besteht und so schnell und intensiv wie möglich „durchgezogen“ wird. Dabei treten oft unangenehme Begleiterscheinungen auf: Entzündungen, Schmerzen, Ausscheidungen, Eiter, Tumoren usw., die also eigentlich keine Krankheiten, sondern Heilreaktionen sind. Wichtig ist dabei: stets wählt unser Organismus hierfür jenen Weg, der unter den momentan vorherrschenden Umständen der beste ist. Jeder Krankheitszustand stellt also immer zugleich die jeweils optimale Heilreaktion dar. Wenn diese therapeutisch gewaltsam blockiert wird, gibt der Organismus nicht auf, sondern wählt dann wieder den momentan bestmöglichen, der damit aber zugleich auch der nächstschlechtere ist.
Dies müssen wir verstehen, damit wir ihm nicht bei seiner Heilarbeit in den Rücken fallen, sondern ihn darin unterstützen, wozu nicht nur eine wirksame und unschädliche Therapie, sondern vor allem auch eine Stärkung des Immunsystems durch eine positive, hoffnungsvolle Einstellung gehört. Denn: solange wir leben, können wir geheilt werden